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Auszug aus einer Zeitungskritik (Schwarzwälder Bote):

Da krümmt, schält und gebiert sich zu Beginn des Stücks ein Clown nach schrillem Weckerklingeln mit Kniebeugen und anderen Muntermachern aus seiner schnarchenden Raupenlarvenversponnenheit in die Welt hinaus, deren Programm für ihn wie sein Morgenlied lautet: „Wake up! Live, love, laugh and be happy.“

Aber da es nur ein Programm ist, muss er scheitern, auch wenn er sich durch krampfhafte Beschäftigung mit Gegenständen und rastlose Aktivität einen Ort zu geben versucht.

Hektisch rafft er sein Hab und Gut zusammen und verbarikadiert sich damit hinter seinem Koffer als Schutzwall; er kokettiert, nimmt Tauschgeschäfte mit dem Publikum auf, beschäftigt es mit gekonnten pantomimischen Meisterstückchen; er verblüfft es mit seinen als-ob-Spielen, in denen er einen Schirm in einen Blumenstrauß, in eine Rakete, in einen Fall-Schirm verwandelt, in denen ihm eine Todesschlinge zur Kamera und die eigene Nase zum drehbaren Objektiv daran wird, in denen er aus einem Tuch einen Triumphbogen baut, unter dem er sich stolz dem Publikum präsentiert, das ihm Beifall zu zollen hat.

Beifall, den ihm später auch kurz sein Stoffbär gibt, den er als einzige seiner Habseligkeiten wörtlich nimmt, dessen abgewandten Blick er aber trotz erster berührenden Augenblicke von Freundschaft mit all seinem werbenden „Guck mal!“ nicht gewinnen kann, obwohl er jetzt einen Einsatz zeigt, dessen selbstgestrickte Vergeblichkeit den Zuschauer sehr betroffen macht.

Auch der Clown ist betroffen und weicht doch wieder vor sich selbst in eine neue Geschichte aus, wie in zahlreichen Momenten zuvor, in denen er mit einem halb verächtlichen, halb um Selbstberuhigung bemühten „Gut“ seine Spiele und Kontakte abbricht und schal-verloren zwischen seine Sachen stolpert.

Und doch scheint es, daß ihn sein Scheitern erst reif für das Wunder macht, das ihm gegen Ende des Stücks mit einem an ihn („Für mich?!“) gerichteten Brief geschieht. Er wird zum Anfang einer Reihe von Berührungen, bei denen der Mann im Sack, das eigene „Gucken“ lernt, wenn er nun wirklich „gut“, das heißt zugewandt und liebevoll mit seinem Bären und den anderen Sachen umgeht.

Schleswig-Holsteinische Zeitung zum Auftritt am 6. März 2009 – Stadthalle Eckernförde
Interview mit David Gilmore

1. Eckernförder Zeitung: Herr Gilmore, Sie werden den Menschen am 6. März in der Eckernförder Stadthalle etwas über den Humor erzählen. Ein fröhlicher Abend also, an dem besonders viel gelacht wird, oder was erwartet die Besucher?

David Gilmore: Eine Veranstaltung zum Thema Humor kann ich mir ohne Lachen nicht vorstellen. Wenn ich nur über Humor rede, würde einem schnell den Spaß vergehen. Gleichzeitig interessiert das Publikum dafür, nicht nur zu lachen, sondern auch einige Einsichten und Hinweise – vielleicht sogar Antworten oder eine Bestätigung für den eigenen Alltag zu bekommen. Ich hoffe, es gelingt mir, die Haltung des Narren und das Spiel eines Clowns spielerisch und humorvoll zu vermitteln, vor allen Dingen, wie zentral ich sie für den Umgang mit sich und anderen ansehe. So stelle ich mir einen unterhaltsamen Abend vor, von dem man belebt, erheitert und vielleicht sogar „erhellt“ nach Hause geht.

 

2. Der Humor ist ja sehr vielschichtig: Er kann fein, derb, erfrischend, trocken, ansteckend oder befreiend sein. Wichtig ist, dass er überhaupt zum Vorschein kommt. In Ihrem Leben spielt der Humor eine herausragende Rolle. Erklären Sie uns bitte in Kurzform, warum das so ist und weshalb Sie daraus einen Beruf gemacht haben?

David Gilmore: Der Humor ist für mich lebenswichtig und oft genug lebensrettend. Wenn ich über meine eigene Dramatik, meine eigene beschränkte Sicht der Dinge lachen konnte, habe ich mich dadurch daran erinnert, wie frei ich eigentlich doch bin. Der Humor hat mich an die Kraft des Lachens wieder erinnert und auch daran, dass unsere Denkweise oft nicht so frei ist, selbst wenn man sagt, dass die Gedanken es sind. Wenn es uns gelingt, zu merken, wie wir automatisch nach unseren Prägungen und aufgrund gemachter Erfahrungen reagieren, können wir anfangen, die Komik darin zu erkennen, so wie es einer von außen sehen würde. Dann wird deutlicher, was wir wollen und was nicht und unsere Energie zum Handeln frei. Humor hilft, frisch anzufangen.

 

3. In Ihrem ganzseitigen Beitrag in unserer Zeitung am vergangenen Sonnabend beschreiben Sie die Wurzeln des Humors als „die Null“ oder das „pure Leben“ vor jeder gesellschaftlichen Prägung. Jeder von uns habe von Natur aus einen Clown in sich. Bei manchen Zeitgenossen muss dieses Naturphänomen und die Gabe, sich selbst in Frage zu stellen und über sich selbst lachen zu können, meterdick verschüttet sein. Und in der katholischen Kirche war das Lachen einst bei Strafe verboten, wie der Film „Im Namen der Rose“ eindrucksvoll zeigt. Würden Sie sich zutrauen, auch hoffnungslose Fälle und echte Trauerklöße zum Lachen zu bringen und dadurch zu befreien?

David Gilmore: Gehen wir davon aus, dass wir frei sind, dann sind wir auch innen frei. Über das Lebendige in uns, können wir nicht bestimmen. Lebenslust und Lebensfreude sind uns mit der Erfahrung des Lebens gegeben. Über sich lachen, heißt, sich von den Prägungen – momentane oder dauerhafte Überzeugungen, wer ich bin und wie „es“ ist. Das Lachen wirkt also immer dort verdächtig, wo feste Denkweisen und hierarchische Strukturen und kein Interesse an Veränderung herrschen. Oder wo man schlicht Angst davor hat, dass sich etwas verändert oder bewegt oder lebt. Dann ist Humor und das Lachen an sich schon verdächtig.

 

Das Lachen wurde tatsächlich zeitweise von Kirchen, nicht allein von der katholischen, als teuflisch angesehen. Denn Lachen und Humor zeugen von Einzigartigkeit und gründen auf Freiheit. Überall wo unsere Überzeugungen nicht mit der erlebten Wirklichkeit übereinstimmen, entstehen Widersprüche, die wir entweder als unauflösbar oder als komisch erleben können. Ja, die Komik entsteht erst richtig durch die Gegensätze des Lebens und durch die Widersprüche des Alltags. Wenn wir also lachen, lösen wir uns wenigstens für einen Moment davon. Wer das nicht erträgt, hat meistens ein Interesse daran, dass man seine Grundsätze – und letztendlich seinen Machtanspruch ernst nimmt. Komik trifft also immer auf liebgewonnene Glaubenssätze in der Form: So ist es und nicht anders. Manche unserer eigener Glaubenssätze sind uns selbst nicht klar, bis ein anderer darüber lacht. So ist es eben nicht immer einfach oder erwünscht, über sich selbst zu lachen.

 

Ganz abgesehen davon, dass das Lachen auch als Waffe eingesetzt wird (zum Beispiel bei Mobbing). Sogar gehört es zu den größten Ängsten, vor anderen lächerlich zu erscheinen. Wenn die eigene Würde absichtlich oder unabsichtlich angegriffen wird, lacht der Betreffende ganz sicher nicht mit.

 

4. Humor ist ja nicht gleich Humor. Er schwankt zwischen plumper Anmache, sich auf Kosten anderer zu amüsieren und scharfzüngiger Finesse. Inwieweit hat Humor auch etwas mit Niveau zu tun?

David Gilmore: Worüber wir lachen, ist so unterschiedlich, wie die Menschen es sind. Wir lachen unter anderem über Stereotypen, weil wir nicht nur frei sind, sondern uns an bestimmte Vorstellungen, Gewohnheiten, gesellschaftliche Schichten, regionale Unterschiede usw.

gebunden fühlen. Darin sind auch Bewertungen enthalten, was wir gut finden und was nicht und mit wem wir uns identifizieren.

 

„Plumper“ Humor oder „Humor mit Niveau“ ist zu einem Teil ein Urteil, das durch die Selbsteinschätzung zustande kommt. Ich glaube, der Zusammenhang entscheidet letztlich, ob ich jetzt gerade über einen Fußtritt oder Anmache oder ein Stolpern lache oder ob ich von vornherein sage: Darüber lache ich nicht – das ist nicht komisch. Auch eine solche Haltung könnte man unter Umständen durchaus komisch finden. Es kommt ja sehr auf die Umstände an, wer wem in welcher Situation was sagt oder tut. Sich auf Kosten anderer amüsieren, tun alle in irgendeiner Weise. Es ist kaum auszuschließen. Man macht sich sonst was vor. Aber nur auf Kosten anderer lachen, das kann man nur, wenn man die Beziehung zur Würde verloren hat. Solche Darbietungen erzeugen dann Ärger und wirken im besten Fall langweilig und „witzlos“. Wichtig ist auch: Niemand kann zum Lachen gezwungen werden.

 

Tatsächlich aber können Beleidigungen und Ähnlicheres durchaus zum Handwerk des Komikers oder Clowns. Wichtig dabei bleibt, dass dies im Spiel geschieht oder nur auf sich bezogen.

 

5. Warum hat ein Clown meistens eine rote Knollennase?

David Gilmore: Die rote Nase des Clown ist eine künstliche Form, den inneren Clown nach außen zu zeigen. Der Clown als Figur, beispielsweise im Zirkus, braucht ein Markenzeichen. Die verlängerte oder abgerundete Nase wirkt auf die meisten Menschen harmlos. Der Clown nach außen soll keine Gefahr sein. Dadurch können wir erst über ihn lachen. Er ist „dumm“, er spielt noch wie ein Kind. Narren und Clowns werden immer schon als entstellt, merkwürdig oder kindhaft dargestellt, denn sie gehören somit nicht zum Ernst des Lebens.Die Nase scheint ein so zentrales Element in unseren Gesichtszügen zu sein, dass sie sowohl die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, als auch die Gefahr bannt, ernst genommen zu werden. Rot steht aber durchaus für Gefahr: Die Gefahr der unbändigen Lebendigkeit und Lebenslust.

 

6. Es gibt im Privatfernsehen fürchterliche sogenannte Comedians, deren Auftritte mehr als peinlich sind. Geht Ihre Toleranz so weit, dass Sie auch diese Leute als Botschafter des Humors sehen oder gibt es Grenzen des guten … Humors?

David Gilmore: Jede Kultur, jedes Land erzeugt seine Komiker und die Komiker, die Sie ansprechen, sprechen eine bestimmte Art von Humor an und – ich nehme an – ein bestimmtes Publikum, dem sie entsprechen. Das bisschen, was ich gesehen habe, hat mich nicht dazu angeregt, mehr davon sehen zu wollen. „Comedy“ ist in Deutschland zur Zeit „in“. Komik leidet generell unter dem öffentlichen Druck, komisch sein zu wollen. Da stirbt jeder Humor. Die Notwendigkeit, jede Woche etwas „komisches“ ins Programm zu bringen, stumpft eben auch ab.

 

7. Auf der anderen Seite die verstorbenen Peter Ustinov und Heinz Erhardt oder die Alt-Meister Loriot und Dieter Hildebrandt und meinetwegen auch Matthias Richling, die jeder auf seine Weise komisch, anspruchsvoll und blitzgescheit sind. Sind das die wahren Humoristen?

David Gilmore: Wir haben anscheinend wohl denselben Geschmack. Zusätzlich aber würde ich über die Komiker und Kabarettisten, die Sie erwähnen, eine gewisse Qualität finden: Das Leben, unsere alltäglichen Haltungen haben Peter Ustinov und Heinz Erhardt und Loriot immer wieder genau getroffen und haben dabei sich zum Lachen preisgegeben. Gleichzeitig haben sie immer eine gewisse Liebenswürdigkeit ausgestrahlt, eine Lebenslust,

die Menschen ansprechen. Das finde ich auch bei Dieter Hildebrandt und bei Matthias Richling, die natürlich zusätzlich satirisch und kabarettistisch arbeiten. Auch sie strahlen Lebendigkeit, Lebenslust aus und sind bei aller Satire liebenswürdig und menschlich. Bei allen lachen wir letzten Endes doch über das, was wir in uns wiedererkennen.

 

8. Weg vom Fernsehen, rein ins Leben. Sie betreiben im Schwarzwald eine Humor- und Lebensschule. Heißt das im Umkehrschluss: Wer Humor hat, hat mehr vom Leben?

David Gilmore: Schön gesagt! Ich würde vielleicht noch ergänzen: Wer Humor hat, spürt sich mehr, geht bewusster mit sich um – gelöster.

 

9. Sie beschreiben auf Ihrer Homepage (www.davidgilmore.com) das durch den Humor ausgelöste Lachen als Quelle von Kreativität, Gesundheit, Lebendigkeit und Wandel. Humor ist also eine ernste Sache, die auch erlernt oder zurück gewonnen werden kann?

David Gilmore: Humor wirkt auf jeden Fall. Dabei ist es mir wieder einmal wichtig zu unterscheiden: Ist es ein Humor, der löst und freundlich stimmt, Beziehung schafft oder ist es ein Humor, der bekannte und liebgewonne Positionen und Urteile festigt – meistens auf Kosten von Anderen. Ein Humor, der bereit ist, über sich selbst zu lachen, wirkt kreativ und kann verändern. Wer wirklich lebt, bleibt seelisch gesund. Gelernt kann dies nur, wenn jemand bereit ist, sich und den Alltag mit allen Prägungen und Überzeugungen kennen zu lernen und bereit ist, das Risiko einzugehen, wirklich – das heißt auch lustvoll - zu leben. Insofern ist es kein Lernen, sondern ein Umlernen, eine Freilegung. Man legt sich frei.

 

10. Würden Sie bestätigen, dass Humor in bestimmten Fällen die beste Medizin ist?

David Gilmore: Man sagt auch: „Lachen ist die beste Medizin“. Lachen ohne Humor – und das geht – hat sicher auch eine Wirkung. Humor in dem Sinne, wie ich es meine, löst ein Lachen aus, das frei ist und legt einen inneren Freiraum frei, der ohnehin vorhanden ist. Wenn man seelisch gesund bleibt oder an die Wiederherstellung mitwirkt, kann auch mit schwierigen Situationen umgehen, auch mit schwierigen gesundheitlichen Situationen. Und vielleicht treffen manche solcher Situationen gar nicht erst ein – das ist zwar schwer nachzuweisen, aber hält geistig fit.

 

11. Ihr Rat an alle, die gerne mehr lachen würden, aber zuwenig Gelegenheit dazu haben oder es verlernt haben!

David Gilmore: Können wir das Lachen wirklich verlernen? Haben wir wirklich keine Gelegenheit? Man kann sicher meinen, keinen Grund zum Lachen zu haben oder „humorfrei“ zu sein. Das sind aber, so meine ich, Haltungen, die nicht wirklich Bestand haben. Wenn es aber wirklich so ist, dann können solche Leute beruhigt sein, sie brauchen weder Lachen noch Humor. Dann kann ich nur raten: Leben Sie unbesorgt weiter! Wer es aber trotz allem ausprobieren möchte, kann sich eine rote Nase kaufen und sie in die Tasche stecken. Und wenn Sie sich mal wieder den Humor verlieren sollten, erinnern Sie sich: Sie haben in der Tasche eine rote Nase und keiner weiß es – nur Sie!

 

Vielen Dank!!!

Der Narr als Performer: Vorträge und Auftritte

1. Die Kraft des Lachens und der Humor im Alltag

2. Humor und die Sprache des Körpers

3. "Humorfreie Zone" - Themenbezogene Performance (TBP)

4. "Am Rande des Leichtsinns"

5. "Mann im Sack" - Clownabend mit David Gilmore

 

> Termine

 

Mehr Informationen:


1. Die Kraft des Lachens und der Humor im Alltag

Vortrag/Performance "Humor als Kraftquelle!"

mit David Gilmore, Clown und Theatertherapeut

Referenzen:

    • 6. März 2009 Stadthalle Eckernförde  > Interview zum Auftritt
    • 7. März 2010 Damenstift, Plön
    • 12. Mai 2010 Theater Harlekin, Garbsen
    • 13. Juli 2010 Internationaler Kongress der Telefonseelsorger, Universität Wien

2. Humor und die Sprache des Körpers

Vortrag/Performance „Was hat der Humor mit dem Körper zu tun? Oder mit sonst was?“


3. "Humorfreie Zone" – Themenbezogene Performance (TBP)

„Humor auf Bestellung – zu jedem Thema und zum jedem Anlass.“

Fragen Sie an, wie Ihre Veranstaltung durch Humor bereichert, erheitert und erweitert werden kann. Ob Kongress, Firmenveranstaltung oder im kleinen Kreis, David Gilmore erkundet auf seine Art Ihr Thema – mit unerwarteten und überraschenden Ergebnissen – Live!


4. "Am Rande des Leichtsinns"

Der Narr „unplugged“

“Unterhaltsame, tiefgründige, blöd-sinnige, frei-heiterliche Philosophie – Hier fängt der Spaß an!“


5. "Mann im Sack"

Clownabend mit David Gilmore Ein Mann lebt im Sack. Wieso? Wo kommt er her, wo will er hin? Ein Narr? Vielleicht. Wie soll man sonst leben? Im Leben muss man improvisieren! Doch fehlt ihm etwas. Bloß was?

David Gilmore zeigt den Clown als Lebensnarren, bei dem Spiel, Spontanimprovisation, Lebenstheater und Berührung sich gegenseitig ablösen. David Gilmore bereitet mit seinem Clownsolo einen lachkräftigen, berührenden Abend.

Referenzen:

25. Februar 2006 Kunstkeller, Bietigheim-Bissingen

19. Juni 2008 Volkshaus, Zürich

> Presseartikel Schwarzwälder Bote zu "Mann im Sack"