Ich bin schon seit längerer Zeit am zweiten Buch dran. Nach "Der Clown in uns - Humor und die Kraft des Lachens" will ich zeigen, wie tief und warum Humor in unserer Psyche wirkt und welche Folgen seine verschiedenen Formen für unser alltägliches Leben hat. Für unser Wohlsein spielt Prägung dabei eine entscheidende Rolle.
Ich musste heute früh daran denken, was uns auffällt, wenn wir uns in einer neuen Umgebung befinden, zum Beispiel in einer fremden Stadt. Es sind zunächst einmal die Gebäude, aber auch die Straßenführung, die Straßenmarkierungen und Straßenschilder, die uns auffallen. Es ist auch die Sprache, die Kleidung und eventuell die Gerüche natürlich, aber zunächst einmal fallen insbesondere die Formen auf, die meistens anders sind als das, was wir gewohnt sind. Schon einmal wie die Ampeln in der Schweiz sehr oft oben über der Straße scheben, wenn man gewohnt ist, sie an einer Stange zu sehen oder die Übergänge in England oder in Frankreich markiert sind. Für Engländer kommen sie ziemlich "nackt" vor. Es fehlen die "Belisha beacons" (Stangen mit blinkenden gelben Lampen darauf). Die Farben der Autobahn- und Landstrassenschilder sind in den verschiedenen Ländern anders. DDR-Bürger freuten sich, als in manchen westdeutschen Städten die ihnen bekannten Männeken auf Übergänge angebracht wurden oder die Berechtigung, rechts abzubiegen, selbst bei rot, wenn die Straße frei ist. Es ist vielleicht nicht weltbewegend, aber im ersten Augenblick fallen uns solche Dinge auf. Das kann auf uns anregend und neu wirken und doch haben sie viel damit zu tun, inwieweit wir uns überall zuhause fühlen oder auch nicht. Für manche Leute wirken solche Unterschiede eher befremdlich. Nach einer Zeit sind das gerade die Details, an die man sich in dem neuen Land gewöhnt und daher kein Aufhebens mehr darum macht. Manchen freuen sich dennoch gerade, wenn sie wieder zu Hause sind und ihnen alles wieder bekannt ist. Dann erst entspannen sie sich wieder und merken, wie anstrengend es für sie ist, sich an Anderes zu gewöhnen.
Das Wohlgefühl und das Gefühl zuhause zu sein ist das, was mich in Bezug auf Humor interessiert. Es macht einen Unterschied, ob ich mich noch wohl fühlen kann, wenn alles um mich herum "fremd" oder "anders" ist. Wenn sich jemand fremd fühlt, also nicht zuhause, fällt es ihm oder ihr schwer, sich zu freuen. Sich freuen zu können ist ein wesentlicher Bestandteil von dem, was wir Humor nennen. Sich freuen zu können und sich zuhause zu fühlen ist ein wesentliches Element bei jeder Werbung. Gerade läuft eine Werbung der Bild-Zeitung, die Lieferanten, Postzusteller, Feuerwehrmänner, Polizisten (Männer wie Frauen natürlich!), indem sie behaupten, dass diese Dienstleister allesamt ihren Job "mit einem Lächeln" tun. Gerade weil sie ihre beschwerlichen Arbeiten so fröhlich tun, sieht sich Bild verpflichtet, ihre "schwere" Arbeit genauso fröhlich zu leisten - im Dienst der Öffentlichkeit nehmen wir an. Das Lächeln des letzten Darstellers im allerletzen Bild dieser Werbung hält er allerdings nicht ganz durch. Man merkt, wie das Lächeln seine Frische etwas verliert, je länger er es halten muss. Dadurch wirkt das Ganze nicht mehr ganz so glaubwürdig, was die Gesamtaussage betrifft. Schon vorher hatte ich meine Zweifel.
Wenn Menschen, die sich mögen, zusammen sind, lächeln sie und lachen sie "von alleine". Sie brauchen dazu keine Witze. Es ist eher anders herum: Weil sie sich wohlgesonnen sind und sich miteinander "wie zuhause" fühlen, fangen sie an, das Leben von der witziger Seite zu sehen. Ihr Humor ist ein Ergebnis ihrer Freude, zusammen zu sein, sich miteinander wohl zu fühlen - nicht umgekehrt. Das muss nicht gelernt sein. Das geschieht auch so. Es ist das Gefühl auf dieser Welt willkommen zu sein, nach dem ein Baby im Lächeln der Mutter sucht und meistens findet, wie es der Mutter auch immer bei der Geburt bzw. durch die Umstände der Geburt sonst geht. Sich im Grunde wohl zu fühlen, gibt die Basis dafür, in welchem Licht wir uns und die Welt sehen. Das kann sich ändern, aber die erste Prägung ist sehr entscheidend. Wir versuchen, diese Prägung immer wieder zu erleben oder wir tun es unbewusst.
Ich denke, wir dürfen nicht unterschätzen, wovon unser körperliches wie seelisches Wohl - oder Unwohlsein geprägt worden ist. Viele in Europa können sich nicht vorstellen, wie gebackene Bohnen in Tomatensoße zusammen mit einem gebratenen Ei, wahrscheinlich noch mit gebratenem Frühstückspeck oder Würstchen auf getoastetem und mit Butter bestrichenen Weißbrot schmecken kann. Doch hat sich das "englische Frühstück" sich in den meisten Hotels dort durchgesetzt und man freut sich inzwischen auf Rührei mit und ohne Speck oder auf ein gekochtes Ei frühmorgens, wenn man unterwegs ist.
Nicht nur die Liebe, sondern auch das gesamte Wohlgefühl, geht zunächst einmal durch den Magen. Was wir essen und trinken und wie wohl und zuhause wir uns fühlen, ist eine wichtigere Voraussetzung für unseren Humor, als wir auf dem ersten Blick denken würden. Genauso ist es, dort zu sein, wo wir uns am Wohlsten fühlen, ob in der Stadt, an der Küste oder in den Bergen. Geborgen sein, ist zunächst einmal ein wichtiger Bestandteil des Humors. Wohin das führen bzw. führen kann, will ich noch weiter untersuchen und besprechen. Dies sollte ein kleiner Vorgeschmack sein.